Zwei Tršster der Schmerzensmutter Maria

 

Auf den heutigen Fatima-Tag,  diesen 13. April, trifft – eine Woche vor dem Karfreitag – das GedŠchtnis an die Schmerzensmutter Maria, die so treu unter dem Kreuze ihres Sohnes ausharrte und mithalf durch ihr Mitleiden und Mitopfern beim Werk unserer Erlšsung, an das wir in diesem heiligen JubilŠumsjahr unserer Erlšsung, das nun zu Ende geht , immer wieder in Dankbarkeit hŠtten denken sollen.

Da ich aber am vergangenen 13. MŠrz bereits Ÿber die Schmerzensmutter Maria bei der 4. und 13. Kreuzwegstation gepredigt habe, mšchte ich an diesem heutigen Fatima-Tag in der Passionswoche an zwei Helfer und Tršster der Schmerzensmutter Maria erinnern, von denen die Hl. Schrift in der Passionsgeschichte des Heilands erinnert. Es sind dies Joseph von ArimathŠa und Nikodemus. Ich glaube, es lohnt sich, Ÿber diese beiden  biblischen Gestalten, die der Schmerzensmutter Maria in so mŠnnlich edler Art geholfen haben, nachzudenken:

1.    Joseph von ArimathŠa:

Jener Mann, der sicher Maria in ihren schwersten Stunden am meisten geholfen hŠtte, nŠmlich der Hl. Joseph, dieser edle und gerechte Mann, der Maria und dem gšttlichen Kind zu Bethlehem so liebevoll zur Seite stand und der Maria und das gšttliche Kind in der von Herodes drohenden Todesgefahr durch die Flucht nach €gypten rettete, war nicht an der Seite der Schmerzensmutter oben auf Golgotha, wie es seine heilige Pflicht als Gemahl Mariens gewesen wŠre. Dieser gro§e Heilige wŠre sicher, wenn er noch gelebt hŠtte, hilfreich Maria unter dem Kreuze Jesu beigestanden. Aber Joseph weilte damals nicht mehr unter den Lebenden. Gerade aus seinem Fehlen unter dem Kreuz an der Seite Mariens muss man dies folgern. Der Hl. Joseph wartete in der Vorhšlle mit brennender Sehnsucht darauf, bis Jesus, sein gšttlicher Pflegesohn, durch sein bitteres Leiden und Sterben das Werk der Erlšsung vollbracht hŠtte und dann ihm wie allen anderen Gerechten des Alten Bundes die frohe Botschaft davon, die wahrhaft šsterliche Frohbotschaft von der erfolgten Erlšsung, ŸberbrŠchte.

Um nun gleichsam trotzdem in irgendeiner Form unter dem Kreuze Jesu an der Seite Mariens, der Miterlšserin, zu stehen und mitzuhelfen bei der Erlšsung, erbat sich der Hl. Joseph vom himmlischen Vater – so dŸrfen wir es uns sicher mit Recht vorstellen – dies eine, dass MŠnner von seiner Gesinnung unter das Kreuz Jesu gesandt wŸrden, 1. Um ihn, den NŠhrvater Jesu und den BrŠutigam der Gottesmutter, gewisserma§en zu vertreten, um 2. Zugleich auch die Ehre der MŠnner zu retten, die gegenŸber den frommen Frauen unter dem Kreuze Jesu gar weit im Hintertreffen waren, und um 3. Der Schmerzensmutter Maria bei der Kreuzabnahme und Grablegung des Leichnams Jesu zu helfen.

Und die Bitte des Hl. Joseph – so kšnnen wir wirklich sagen – wurde in ganz eigenartiger und auffallender Weise erhšrt. Denn dass sich tatsŠchlich beherzte MŠnner in allerletzter Stunde als hilfreiche Freunde unter dem Kreuze Jesu einfanden, wer hŠtte dies damals zu erwarten gewagt? Und dass unter diesen edelgesinnten MŠnnern, die sich da in letzter Minute oben auf Golgotha auf die Seite der Freunde Jesu und Mariens schlugen, gerade auch ein Namenskollege des heiligen NŠhrvaters Jesu war, nŠmlich Joseph von ArimathŠa, das sieht wirklich so aus, als ob der alles wunderbar in seiner Vorsehung lenkende und leitende Gott die Bitte des in der Vorhšlle weilenden Hl. Joseph erhšrt hŠtte! Der NŠhr- und Pflegevater Jesu, der Hl. Joseph, der sich einst in Bethlehem, in €gypten und dann in Nazareth um das leibliche Wohl des menschgewordenen Gottessohnes und seiner jungfrŠulichen Mutter gesorgt hatte, bekam einen wŸrdigen Vertreter in der Person Josephs von ArimathŠa, der sich um den toten Leib Jesu liebevoll kŸmmerte und sorgte und dabei der Schmerzensmutter schwere Sorgen abnahm und sie gro§artig dabei tršstete.

Joseph v. A. ging nach dem Tode Jesu der Schmerzensmutter liebevoll an die Hand (wie einst der Hl. Joseph). Joseph v. A. nahm Maria bezŸglich des Leichnams Jesu die Behšrdenintervention beim ršmischen Statthalter Pontius Pilatus ab (wie einst der Hl. Joseph bei der VolkszŠhlung in Bethlehem). Joseph v. A. half zusammen mit Nikodemus bei der Kreuzabnahme Jesu und bettete den Leib des Herrn in den Scho§ Mariens (wie einst in Bethlehem der Hl. Joseph). Joseph v. A. besorgte schlie§lich die letzte RuhestŠtte fŸr den Leib des Herrn, indem er sein neu ausgehauenes Felsengrab in seinem Garten vor der Stadt Jerusalem fŸr das BegrŠbnis zur VerfŸgung stellte (so hatte sich einst der Hl. Joseph um die erste RuhestŠtte fŸr den Leib des Herrn gesorgt bei der Herbergsuche und bei der Zubereitung der Wiege fŸr das gšttliche Kind in der Futterkrippe im Stall zu Bethlehem).

Dieser Joseph v. A. wird von der Kirche auch als Heiliger gefeiert. Die Kirche begeht sein Fest zwei Tage vor dem Fest des Hl. Joseph, nŠmlich am 17. MŠrz. Da hei§t es im offiziellen Heiligenverzeichnis der Kirche, im Martyrologium Romanum: ãZu Jerusalem (der Gedenktag) des Hl. Joseph v.A. Er war jener vornehme Ratsherr und AnhŠnger Jesu, der den Leib des Herrn vom Kreuze abgenommen und in seinem neuen Grab beigesetzt hatÒ. Aber nicht blo§ von der Kirche, sondern von Gott selbst ist dieser Joseph v. A. heiliggesprochen worden, denn es wird ihm in der Hl. Schrift, im Lk 23,51 der gleiche Ehrentitel zuerkannt wie dem heiligen NŠhrvater Jesu und BrŠutigam der jungfrŠulichen Gottesmutter Maria. An der genannten Stelle im Lukasevangelium wird Joseph v. A. ein ãvir bonus et justusÒ genannt,  ãein edler und gerechter Mann, der das Reich Gottes erwarteteÒ.

Sehen wir uns diesen Joseph v. A., seinen Charakter, sein Verhalten gegenŸber der Schmerzensmutter Maria und seine Tat, die ihn berŸhmt gemacht hat fŸr alle Zeiten, etwas genauer an, um von ihm zu lernen.

Joseph v. A. war ein gutsituierter, reicher Mann, der Sitz und Stimme im Synedrium der Juden, im Hohen Rat, hatte. Er hatte – und das ist viel mehr wert als sein Reichtum – edle Gesinnung, war ein rechtlich denkender Ehrenmann vom Scheitel bis zur Sohle und war Ÿberdies tief religišs, aufgeschlossen fŸr die gro§en Messias-Erwartungen der glŠubigen Juden von damals; er wartete auf das Gottesreich, das der kommende Messias aufrichten wŸrde. All das brachte ihn gar bald gesinnungsmŠ§ig in die NŠhe Jesu, er stand dem Heiland nahe, er schŠtzte ihn, ja, er liebte ihn. Im Geheimen war er zuletzt auch schon ein JŸnger Jesu geworden, d.h. er glaubte an Jesus und seine gšttliche Sendung. Sich offen fŸr Jesus einzusetzen und zu ihm zu bekennen, daran hinderte ihn seine gehobene Stellung, seine Mitgliedschaft im Hohen Rat, in welchem die Feinde Jesu in der Ÿberwiegenden Mehrheit waren. Dazu kam auch Menschenfurcht und etwas unmŠnnliche Angst. ãFurcht vor den JudenÒ, vor den Feinden des Herrn, nennt es der Evangelist Johannes (19,38). Der Druck der gegnerischen Seite war eben zu stark und schŸchterte alle, die nicht ganz fest und mutig waren, ein. So ist dem Joseph v. A. eine gewisse CharakterschwŠche und mangelnder Bekennermut zuzuschreiben. Er wagte es nicht, offen fŸr Jesus einzutreten und sich zu ihm zu bekennen. Ein feiges Verstecken spielen mit seiner †berzeugung und seiner christlichen Gesinnung! War Joseph v. A. wirklich feige? Aus der ganzen schwierigen Situation heraus wŠre es wohl voreilig, ihn so  zu bezeichnen, zumal er doch zur rechten Zeit auch wusste, was er zu tun hatte als Mann, als Christ! Beim ungerechten Vorgehen des Hohen Rates gegen Jesus trat nŠmlich Joseph v. A. mutig aus seiner Šngstlichen ZurŸckhaltung heraus und in der entscheidungsvollen Sitzung des jŸdischen Nationalrates in der GrŸndonnerstagnacht, in der das Todesurteil Ÿber Jesus gefŠllt wurde, da wagte es Joseph mutig, gegen die MajoritŠt zu stimmen. Er folgte der Stimme seines Gewissens und sagte sein offenes Nein gegen die Verurteilung Jesu. So machte sich Joseph v. A. nicht mitschuldig am furchtbaren Justizmord und Gottesmord. So ist dieser Joseph v. A. zum Vorbild geworden fŸr alle christlichen Politiker und fŸr alle katholischen MŠnner, indem er ihnen sagt, dass es Zeiten gibt, wo nicht OpportunitŠtsgrŸnde und RŸcksichtnahme auf alles Mšgliche entscheidend sein darf, sondern wo es mutig und offen Farbe bekennen hei§t und eintreten hei§t fŸr Christus und fŸr die christliche Sache! Joseph v. A. verstand es, dann auch durch die Tat zu beweisen, dass er ein Freund Jesu war!

Gewiss, wŠhrend der Passion des Herrn zeigt er sich nicht. Es wŠre wohl zu viel verlangt, wollte man erwarten, dass er da mutiger gewesen wŠre als die Apostel Jesu. UntŠtig war Joseph v. A. wŠhrend des Leidens und Sterbens Jesu aber sicher nicht, sonst wŠre er nicht sogleich zur Stelle gewesen, als man ihn fŸr die Intervention bei Pilatus benštigte. Dieser edle, angesehene Mann ging sofort nach dem Tode Jesu ãaudacterÒ, beherzt, wie es bei Mk 15,43 hei§t zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu. Er, der nichts Heldenhaftes an sich hat, der von Natur aus ganz und gar nicht zum Helden geboren scheint, er beschŠmt nun mit einem Mal hunderte anderer durch seinen Mut: Audacter, mutig geht er zu Pilatus, audacter, mutig bittet er den Pilatus. Worum? WofŸr setzt sich Joseph v. A. ein? WofŸr interveniert er bei der Ršmischen Besatzungsmacht? FŸr einen Hingerichteten, fŸr einen Gekreuzigten, dessen Leichnam nach ršmischer Art dazu bestimmt gewesen wŠre, mit den Leichen der anderen Hingerichteten in  einem Massengrab verscharrt und mit ungelšschtem Kalk zugedeckt zu werden, damit mšglichst schnell die letzte Spur dieser Verbrecher ausgelšscht wŸrde. Ungeachtet des Hohnes und Zornes der Parteigenossen und Amtskollegen im Hohen Rat, ungeachtet der Gefahr fŸr Ehre und Amt und Beruf und Leben setzt sich nun Joseph v. A. fŸr Jesus ein. Er denkt nicht: jetzt ist es ohnedies schon zu spŠt! Er denkt: Jetzt kann ich meine Zaghaftigkeit und Unentschlossenheit gutmachen und sŸhnen! Und die Gnade des gekreuzigten Heilands tat das Ihrige! Sie wandelte den furchtsamen JŸnger in einen mutigen Bekenner um. Und das Wort des Herrn erfŸllte sich auch an Joseph v. A.: ãWenn ich am Kreuze erhšht sein werde, will ich alles an mich ziehen, auch das, was furchtsam und Šngstlich bisher abseits stand! In den bšsen Jahren vor dem II. Weltkrieg hat der gro§e MŸnchener MŠnnerapostel P. Rupert Mayer einmal seine Predigt mit dem Ruf geschossen: ãWenn die Flammenzeichen rauchen, wird die Stunde MŠnner brauchen! Nur am Kreuze wachsen sie! – Das ist damals nach dem Tod Jesu schon wahr geworden: Damals wuchsen die MŠnner fšrmlich aus dem Boden heraus am Kreuze Jesu: Joseph v. A. und Nikodemus und der ršm. Hauptmann! Sie traten nun auf einmal mutig fŸr Jesus ein. Joseph v. A. erreichte durch sein mutiges Auftreten von Pilatus sofort, worum er bat: Der Leichnam Jesu wurde ihm geschenkt. Dann machte er sich zusammen mit Nikodemus sofort auf den Weg hinauf nach Golgotha. Und diese zwei vornehmen Ratsherren scheuten nun die Arbeit nicht. Sie packten zu, mutig, ohne Scheu, ohne falsche Scham, mit ehrfurchtsvoller PietŠt und Liebe gegen den toten Meister, mit dem wehmŸtigen Gedanken im Herzen: ãAch, dass ich dich so spŠt erkannte, du hochgelobte Schšnheit du, dass ich nicht eher mein dich nannte, du hšchstes Gut, du wahre RuhÔ! Es ist mir leid, bin tief betrŸbt, dass ich dich, ach, so spŠt geliebtÒ – Anna Katharina Emerick, die deutsche Seherin, wei§ hier so anschaulich und schšn zu schildern, wie die Kreuzabnahme des Herrn durch diese beiden MŠnner vorgenommen wurde; und abschlie§end sagt sie da zu dem, was sie in der Vision schauen durfte:

ã Die Abnahme Jesu vom Kreuze war unbeschreiblich rŸhrend, Joseph und Nikodemus taten alles so vorsichtig und schonend, als fŸrchteten sie, dem Herrn Schmerzen zu bereiten, sie waren von all der Liebe und Ehrerbietung gegen den Hl. Leib durchdrungen, welche sie gegen den Heiligen der Heiligen in seinem Leben gefŸhlt hatten. – Alle Anwesenden schauten mit unverwandten Blicken zu dem Leib des Herrn empor, wŠhrend er herabgehoben wurde und begleiteten mit teilnehmender Sorge, mit TrŠnen und schmerzen jede Bewegung. Alle waren still und die arbeitenden MŠnner sprachen, aus unwillkŸrlicher Ehrerbietung, als seien sie in einer hl. Handlung begriffen, nur wenig und gaben einander nur halblaut die Anweisungen. Leise und behutsam, als trŸgen sie einen schwerverwundeten geliebten Freund, Stufe um Stufe damit auf der Leiter herniedersteigend, trugen sie den Leichnam Jesu herunter und legten ihn voll Ehrfurcht in die Arme Mariens, die sie dem Leichnam ihres Sohnes mit Schmerz und Sehnsucht zugleich entgegenstreckte.Ò – Und nach der Reinigung und Zubereitung des Leichnams trug Joseph v. A. zusammen mit Nikodemus den heiligen Leib Jesu in das neue, frisch ausgehauene grab in seinem Garten, damit der, der nichts hatte, wohn er sein Haupt legen sollte, doch zu seiner RuhestŠtte komme. VŠterlich gŸtig und besorgt (ganz dem gleich, den er vertrat) so tat Joseph von ArimathŠa dem Herrn diesen Freundesdienst und Liebesdienst, ohne jetzt noch darum zu fragen, was wohl die anderen sagen wŸrden. Es mochte ihm diese Tat Spott und Hohn und Feindschaft vonseiten der Parteigenossen eintragen. Was kŸmmerte ihn das jetzt noch?! Er spŸrte schon, wie all das durch den Segensstrom, der ihm aus der Seitenwunde Christi entgegenfloss, reichlich, Ÿberreich wettgemacht wŸrde. Und es ist da so schšn, dass die Legende zu erzŠhlen wei§, Joseph v. A. habe in einer kelchfšrmigen Schale das Blut des Herrn zu FŸ§en des Kreuzes gesammelt, und das sei der hl. Gral. Wahrlich, Joseph v. A. wurde so zum ersten Gralsritter, zu einem ãRitter ohne Furcht und TadelÒ, der sich des Glaubens an den Gekreuzigten nicht mehr schŠmte. SpŠt, aber nicht  zu spŠt, bekannte er seinen Glauben an den Erlšser nicht blo§ in Worten, sondern durch die Tat und erwarb sich fŸr seine Sorge um den Leib des Herrn Ÿberreichen Lohn! Wie sein Kollege im Hohen Rat! Nikodemus!

 

Jetzt noch zum anderen Helfer und Tršster der Schmerzensmutter Maria, von dem wir alle, vor allem aber wir MŠnner, ebenfalls viel lernen kšnnten:

 

2.    Nikodemus:

Wenn es jetzt in der heiligen Fastenzeit und im ganzen Heiligen JubilŠumsjahr unserer Erlšsung nach den Intentionen des Papstes um die Umkehr und Bekehrung der Menschen hŠtte gehen sollen, so erleben wir an Nikodemus gleichsam eine doppelte Bekehrung, wobei die erste Bekehrung in der Umkehr seines Denkens, die zweite Bekehrung aber in der Umkehr seines Herzens bestand. In der ersten Umkehr vollzog sich an Nikodemus eine Bekehrung vom Fleisch zum Geist, vom Bild des glorreich gedachten irdisch-politischen Messiaskšnigs zum Bild des leidenden Erlšsers. Diese Bekehrung vollzog sich im Verlauf des nŠchtlichen ZwiegesprŠchs mit Jesus, von dem uns im Joh 3,1-21 berichtet wird.

Zu diesem ZwiegesprŠch brachte Nikodemus damals eine recht irdische Auffassung vom erwarteten Messias und seinem Reiche mit. Er teilte hierin die Ansichten seiner Zeitgenossen. In jener ewig denkwŸrdigen nŠchtlichen Religionsstunde hat Jesus den Nikodemus eines Besseren belehrt; Er hat ihn vom Zerrbild einer falschen Messiaserwartung zum gšttlichen Erlšsungsgedanken hingefŸhrt.

Der erste Grundirrtum des Nikodemus betraf den Eintritt in das Reich Gottes. Wie die meisten Juden glaubte auch Nikodemus, er wŸrde durch seine Abstammung von Abraham ohne weiteres auch BŸrger des kommenden Gottesreiches werden. Auch Nikodemus meinte, die Abstammung von Abraham schaffe so etwas wie einen Rechtsanspruch auf den Eintritt in das Reich Gottes, in das Himmelreich.

Jesus aber hat ihn eines anderen belehrt: Im Reiche Gottes gilt nicht Blut, nicht Rasse, nicht Abstammung. Zum Eintritt in das Gottesreich ist eine ausdrŸckliche Aufnahme, die den Charakter einer neuen Geburt hat, notwendig: die Taufe: ãAmen, amen, ich sage dir, wenn jemand nicht wiedergeboren wird, kann er in das Reich Gottes nicht eingehen!Ò (Jo 3,3)

Der zweite Grundirrtum des Nikodemus betraf die Natur des Gottesreiches. Was Nikodemus damals erwartete, war nicht ein geistig-religišses, sondern ein irdisch-politisches Reich. Sein ganzes Denken war in dieser Hinsicht ganz diesseitsbefangen. Das Reich Gottes bedeutete fŸr ihn damals Befriedigung aller menschlichen AnsprŸche in †berfluss und Wohlstand, ganz im Sinn eines irdischen Paradieses.

Auch da hat Jesus den Nikodemus ganz gewaltig korrigiert. Christi Reich ist kein irdisch-weltliches, sondern ein geistig-ŸbernatŸrliches, ein religišses Reich der Wahrheit und der Gnade, des Lichtes und des Lebens in der Freiheit von SŸnde und Schuld. Darum ist fŸr den Eintritt in dieses Reich ein neues Lebensprinzip erforderlich. Der  Heiland sagte dem Nikodemus: Was aus dem Fleische stammt, ist Fleisch, was aus dem Geiste stammt, ist Geist. Der Hl. Geist selbst ist das neue Lebensprinzip im Reiche Gottes. Daum die Feststellung Jesu dem Nikodemus gegenŸber: ãWenn jemand nicht wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem Hl. Geist, kann er in das Reich Gottes nicht eingehen!Ò (Jo 3,5). Dieser Hl. Geist, den Christus uns Menschen durch sein Erlšserleiden u. – sterben verdienen sollte und den er dann nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt auf die um Maria versammelte Kirche gesandt hat, ist die belebende und gestaltende Kraft fŸr alle erlšsten Menschen. Zwar ist dieser Hl. Geist nicht sichtbar, aber er ist wunderbare Wirklichkeit. An seinen Wirkungen erkennt man ihn. Er gleicht dem wehen des Windes. Man sieht ihn nicht, man wei§ nicht, woher er kommt und wohin er geht – und doch ist er da. Ganz Šhnlich ist es mit dem Hl. Geist. Man sieht ihn nicht kommen und sieht ihn nicht gehen, wenn er vertrieben wird durch die TodsŸnde. Und doch haucht dieser Hl. Geist jeder Seele bei der Taufe schon, dann bei der Firmung und im Bu§sakrament, ein neues Leben, das Leben der Gnade ein. Er macht aus uns Menschen neue Geschšpfe, Kinder Gottes, Sšhne und Tšchter Gottes.

Wie die Auffassung des Nikodemus von der Natur des messianischen Gottesreiches falsch war, so auch sein Begriff von der Person des Messias. Er erwartete in ihm eine irdisch-weltliche, politisch-nationale Grš§e. Des Nikodemus Ideal war der mŠchtige Davidssohn, der das Joch der Ršmer abschŸtteln werde, der nationale Held, der politische Befreier. Von dieser TŠuschung hat ihn der Herr ebenfalls befreit, als er ihm das Bild vom leidenden Erlšser vor Augen stellte.

Jesus hat den Nikodemus in jener nŠchtlichen Aussprache bekehrt: der Messias kommt nicht, um verherrlicht zu werden, sondern um am Holz des Kreuzes erhšht zu werden. ãWie Moses in der WŸste die Schlange erhšht hat, so muss auch der Menschensohn erhšht werden, damit  jeder, der an ihn glaubt, in ihm das ewige Leben habe. Denn so sehr hat Gott (Vater) die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn dahingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengehe, sondern das ewige Leben habeÒ (Jo 3,14-16).

Auch die GrŸndung des erwarteten Gottesreiches dachte sich Nikodemus ganz falsch. Er glaubte, der Messias werde sein Reich durch ein feierliches Gericht in die Welt einfŸhren. Nikodemus meinte: †ber Israels Feinde zu Gericht zu sitzen und die Feinde des auserwŠhlten Volkes abzuurteilen und zu bestrafen, das sei die Hauptaufgabe des Messias und damit richte er das Gottesreich auf.

Jesus hat auch diesen Irrtum des Nikodemus zurŸckgewiesen:  ãGott hat seinen Sohn nicht dazu in die Welt gesandt, dass er die Weilt richte, sondern damit die Welt durch ihn gerettet werdeÒ (Jo 3,17).

Nein, Gott braucht gar nicht erst zu richten, denn jeder Mensch ist sein eigener Richter. In der Entscheidung fŸr oder gegen Jesus besteht eben das Gericht. An Jesus scheiden sich die Geister. Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet. Wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes nicht angenommen hat. ãDas ist das Gericht: Das Licht ist in die Welt gekommen, aber die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht!Ò (Jo 3,19)

Nach der Umkehr seines Denkens, wie sie ihm in jenem nŠchtlichen ZwiegesprŠch durch Jesus beigebracht worden war, erfuhr Nikodemus dann noch eine zweite Bekehrung, die Bekehrung des Herzens. Sie war einen Bekehrung von der Feigheit zur Furchtlosigkeit, von der Menschenfurcht zum mutigen Stehen zu Christus und seiner jungfrŠulichen Mutter Maria.

Ohne Zweifel, wie Joseph v. A., so hatte auch Nikodemus gar manche hervorragenden Charaktereigenschaften. Zuerst einmal war dieser Gelehrte, der zur ReprŠsentanz des offiziellen jŸdischen Lehramtes von damals gehšrte, kein satter Spie§bŸrger, sondern ein Suchender, der mit lauterem Herzen nach der Wahrheit suchte..  Er war kein ŸbertŸnchtes Grab wie seine Kollegen im Kollegium des Hohen Rates, er war gewisserma§en eine offene Ackerfurche fŸr das Wort Gottes. Er war gottesglŠubig und gottesfŸrchtig. Die Aufgeschlossenheit seines Herzens hatte ihn erkennen lassen, dass Jesus ãals Lehrer von Gott gekommenÒ sei, ãdenn niemand kann solche Zeichen tun, wie du, Meister, wenn nicht Gott bei ihm istÒ (Jo 3,2). So gestand er es Jesus gegenŸber bei jener nŠchtlichen Zwiesprache.

Aber dieser gottesfŸrchtige und die Wahrheit suchende Mann hatte eine CharakterschwŠche: seine Menschenfurcht. Nur heimlich, nur im Dunkel der Nacht, war er damals zu Jesus gekommen. Niemand von seinen Kollegen sollte erfahren, dass er bei Jesus gewesen war. Das wŠre zu gefŠhrlich gewesen, zu viel wŠre auf dem Spiel gestanden; was hŠtte das fŸr einen Skandal gegeben, wenn seine Kollegen im Hohen Rat von seinem Besuch bei Jesus erfahren hŠtten! Seine ganze weitere Karriere wŠre gefŠhrdet gewesen. Schlie§lich – so mag Nikodemus gedacht haben – ist auch die Klugheit eine Tugend, und die Klugheit verlangt von mir, dass ich nicht meine glŠnzende Ratsherrenlaufbahn aufs Spiel setze. So war Nikodemus vorsichtig, Šngstlich und feige.

Aber Nikodemus ist schlie§lich doch ein mutiger Bekenner Jesu Christi geworden, freilich nicht auf einen Schlag. Er hat zunŠchst einmal vor der Passion des gšttlichen Heilands einen Verteidigungsversuch fŸr Jesus gewagt in jener stŸrmisch bewegten Sitzung des Hohen Rates am LaubhŸttenfest.  Damals, als einige fanatische Mitglieder des Hohen Rates Jesus bereits gefangen nehmen wollten, nahm Nikodemus fŸr Jesus Partei und appellierte an ihr RechtsgefŸhl mit den Worten: ãVerurteilt denn unser Gesetz einen Mann, ohne ihn gehšrt zu haben und ohne zu wissen, was er getan hat?Ò (Jo 7,51). Das war damals ein mutiges, mannhaftes Wort, fšrmlich ein mutiger Griff in ein Wespennest. Damals begann bereits die Frucht der nŠchtlichen Unterrichtsstunde zu reifen. Aber es brauchte fŸr Nikodemus zuletzt das gute Beispiel seines Amtskollegen und Freundes Joseph v. A., dass er sich zuletzt dann doch auch offen zu Jesus bekannte, freilich – genau wie Joseph v. A. – erst nach dem Tode Jesu. Da hei§t es in Jo 19,38 ff nach dem Bericht Ÿber die Durchbohrung des Herzens Jesu: ãJoseph v. A. war ein JŸnger Jesu, aber auch Frucht vor den Juden nur heimlich. Er bat Pilatus, den Leichnam Jesu abnehmen zu dŸrfen, und Pilatus erlaubte es. Also kam er und nahm den Leichnam ab. Es kam auch Nikodemus, der frŸher einmal Jesus bei Nacht aufgesucht hatte. Er brachte eine Mischung aus Myrrhe und Aloe, etwa 100 Pfund. Sie (beide zusammen: Joseph v. A. und Nikodemus) nahmen den Leichnam Jesu und umwickelten ihn mit Leinenbinden, zusammen mit den wohlriechenden Salben, wie es beim jŸdischen BegrŠbnis Sitte ist.Ò

Beim nŠchtlichen ZwiegesprŠch hatte Jesus z u Nikodemus gesagt: ãWie Moses in der WŸste die Schlange erhšht hat, so muss auch der Menschensohn erhšht werdenÒ (Jo 3,14). Nun war das furchtbare Wirklichkeit geworden. War es diese Vorhersage Jesu und deren Verwirklichung, von der Nikodemus nach dem blutigen Karfreitagsgeschehen gehšrt hatte, dass er sich am Nachmittag des Karfreitags auf den Weg machte, hinauf auf Golgotha? Es gab jedenfalls fŸr ihn jetzt keine Bedenken mehr. RŸckhaltlos bekannte er sich nun genau so wie Joseph v. A. zu Jesus. Auch er wollte sich sicher nicht blo§ um den toten Jesus, sondern auch um die Mutter Jesu annehmen und ihr wenigstens die Sorge um die wŸrdige Beisetzung des Leichnams ihres Sohnes abnehmen. WŠhrend Joseph v. A. zu Pilatus ging, ging er hin und kaufte an die 100 Pfund Myrrhe und Aloe. Er nahm zusammen dann mit Joseph v. A. den Leichnam Jesu vom Kreuze ab und legte ihn in den Scho§ der Schmerzensmutter.

Dann wickelte Nikodemus den Leichnam Jesu mit den mitgebrachten wohlriechenden KrŠutern in das Grabtuch ein und erwies so dem Heiland und seiner jungfrŠulichen, schmerzgebeugten Mutter  einen letzten Liebesdienst.

WŠhrend  alle Apostel mit Ausnahme des Johannes geflohen waren, trat also Nikodemus zusammen mit Joseph v. A. offen und mutig fŸr Jesus ein und bekannte nun ohne Furcht seinen Glauben an ihn. Das mag doch wahrlich ein Trost fŸr die Schmerzensmutter gewesen sein. So half Nikodemus der trauernd weinenden Mutter die TrŠnen trocknen.

 

MŸsste es heute nicht wieder so sein, dass mutige, glŠubige MŠnner kommen und der weinenden Madonna, die an so vielen Orten weint, sicher auch weint Ÿber viele treulos gewordene Apostelnachfolger in den Reihen der Priester, die TrŠnen trocknen helfen durch ihren mutigen Glauben, durch ihr treues Stehen zu Christus und seiner Kirche? Ich meine jedenfalls, dass die beiden Tršster der Schmerzensmutter, Joseph v. A. und Nikodemus, Nachahmer finden sollten in unserer verworrenen, durch die Treulosigkeit so vieler Priester und Ordensleute befleckten Zeit durch mutige Bekenner aus den Reihen katholischer Laien, die durch Wort und Beispiel und durch die Tat eines wahrhaft christlichen Lebens gutmachen, was heute durch Treuelosigkeit gefehlt wird. Amen